Herzlich willkommen zu einer Wende, die den gesamten Fall um den grausam getöteten achtjährigen Fabian aus Güstrow noch einmal in ein völlig neues, dunkleres Licht rückt. Bis vor Kurzem schien das Bild der Ermittlungen klar: Gina H., die Ex-Freundin des Vaters, stand im Zentrum aller Spekulationen und Beweise.
Sie fand die Leiche, sie wurde festgenommen, der Haftbefehl wegen Mordverdachts erlassen. Es wirkte wie eine abgeschlossene, wenn auch schmerzhafte, Geschichte.

Doch Wochen nach der Festnahme bröckelt dieses Bild an entscheidenden Stellen. Die Ermittler sind offenbar auf Widersprüche gestoßen – Widersprüche in zeitlichen Abläufen, in der Darstellung von Kontakten und vor allem in den Aussagen von Menschen, die Fabian nahestanden.
Immer wenn Ermittler von Widersprüchen sprechen, bedeutet das, dass das Puzzle nicht zusammenpasst, dass es ungeklärte Fragen gibt.
Und genau diese ungeklärten Fragen lenken den Blick nun unaufhaltsam auf eine Person, die bislang als trauernder Angehöriger galt, dessen Rolle aber neu bewertet werden muss: Matthias R., Fabians Vater.
Der neue Verdacht, die neue Richtung, in die die Ermittlungen möglicherweise gehen, ist hochbrisant. Sie verändert die gesamte Dynamik, sie öffnet Szenarien einer möglichen Mittäterschaft oder zumindest einer Mitwisserschaft und sie zwingt uns, den Fall Fabian noch einmal von Grund auf neu zu betrachten.
Die vielleicht auffälligste Beobachtung ist dabei die völlige Abwesenheit und das Schweigen des Vaters in der Öffentlichkeit – eine Stille, die mittlerweile lauter ist als jede Aussage.

Die Anatomie des Schweigens: Warum die Stille des Vaters auffällt
Wenn wir über den Fall Fabian sprechen, dann fällt einem sofort die beinahe unheimliche Stille des Vaters, Matthias R., auf. In nahezu allen vergleichbaren Kriminalfällen suchen Eltern, die ihr Kind verloren haben, verzweifelt die Öffentlichkeit.
Sie weinen im Fernsehen, sie halten Pressekonferenzen ab, sie flehen um Hinweise und versuchen, den Druck auf die Ermittler zu erhöhen, um Gerechtigkeit zu erzielen. Dieses Verhalten ist menschlich, verständlich und normal.
Doch bei Matthias R. passiert das Gegenteil: Schweigen. Keine Stellungnahme, keine Interviews, keine öffentlichen Appelle, nicht einmal ein schriftliches Statement. Diese Abwesenheit ist alles andere als typisch.
Natürlich ist die menschliche Erklärung möglich: Trauer, Schock, Überforderung, Angst vor Kameras. Aber je länger dieses Schweigen anhält, desto mehr drängt sich die Frage auf, die auch die Ermittler zunehmend beschäftigt: Ist es Trauer, oder ist es etwas anderes?
„Schweigen kann auch Schutz sein. Schweigen kann Distanz schaffen. Schweigen kann verhindern, dass man sich widerspricht.“
Die kriminalistische Psychologie sieht in solch ungewöhnlichem Verhalten ein klares Signal, das nicht ignoriert werden darf. Wer nichts sagt, kann auch nichts Falsches sagen.
Und da die Mutter von Fabian, Dorina L., sehr wohl durch ihre Anwältin sprach, ihre Gefühle teilte und ihren Schmerz öffentlich machte, wirkt der Kontrast zum Vater umso auffälliger. Das Schweigen des Vaters ist damit nicht mehr nur ein persönliches Merkmal, sondern ein kriminalistisches Indiz.
Das toxische Beziehungsgeflecht: Nähe, Abhängigkeit und der Bruch
Um die neue Richtung des Verdachts zu verstehen, muss man sich in das komplexe Beziehungsgeflecht des Vaters, der Mutter und der Hauptverdächtigen Gina H. begeben.
Matthias R. und Gina H. waren über mehrere Jahre hinweg ein festes Paar. Sie waren keine lockere Bekanntschaft, sondern teilten einen intensiven Alltag, der durch gemeinsame Hobbys, vor allem die Pferde, geprägt war.
Sie verbrachten unzählige Stunden auf dem Hof in Reimershagen – jenem Ort, der später eine zentrale Rolle spielen sollte. Fabians Mutter sagte einst öffentlich, dass dieser Hof für Fabian wie ein „zweites Zuhause“ gewesen sei. Dies unterstreicht die tiefe Vertrautheit, die zwischen dem Jungen und Gina H. bestand.
Sie war keine Fremde; sie war ein Teil seines Lebens.
Doch dann kam die Trennung, nur etwa zwei Monate vor Fabians Tod. Und diese Trennung war offenbar nicht friedlich. Es soll Streit, emotionale Ausbrüche und ungeklärte Konflikte gegeben haben. Für Gina H.
muss diese Trennung ein Schock gewesen sein: Sie verlor nicht nur ihren Partner, sondern auch das Kind, das ihr ans Herz gewachsen war, ihre Routinen und ihr soziales Umfeld.
Hier setzt die kriminalistische Überlegung an: War die Trennung wirklich endgültig? Oder gab es weiterhin Kontakt, Streitgespräche, Versöhnungsversuche? Hat Matthias R. den Kontakt zwischen Gina H.
und seinem Sohn wirklich beendet oder ihn sogar weiterhin gefördert? Plötzlich rückt nicht nur Ginas Rolle in den Fokus, sondern die Beziehung zwischen ihr und dem Vater – eine Beziehung, die der Schlüssel zur Wahrheit darüber sein könnte, was am 10. Oktober wirklich geschah.
Rote Flaggen und das 4-Stunden-Rätsel: Widersprüche am Tattag
Der entscheidende Zeitraum des Verbrechens liegt zwischen 11:00 Uhr vormittags und 15:00 Uhr nachmittags am 10. Oktober. Fabian war an diesem Tag krank zu Hause. Die Mutter kümmerte sich um ihn, musste aber irgendwann ihren Wegen nachgehen.
Dann geschieht das entscheidende Detail: Fabian verlässt die Wohnung ohne sein Handy.
Ein achtjähriges Kind legt sein Handy nicht freiwillig weg, es sei denn, es geht nur kurz vor die Tür oder – und das ist die beunruhigendste Möglichkeit – jemand stand vor der Tür, dem Fabian vertraute und der ihn zur Mitfahrt überredete.
Hier beginnen die Roten Flaggen, die auf den Vater zeigen:

1. Die Weitergabe der Information
Wer wusste an diesem Tag, dass Fabian zu Hause war? Die Mutter natürlich. Aber wusste es auch Matthias R.? Hatten die getrennten Eltern Kontakt, ein Telefonat, eine Nachricht über den Gesundheitszustand des Jungen? Wenn Matthias R.
diese Information hatte, stellt sich unweigerlich die Frage: Wurde diese Information weitergegeben? Wusste Gina H. deshalb, dass Fabian erreichbar war? Die Ermittler überprüfen diese Kette von Kontakten nun sehr genau.
2. Widersprüche im Alibi
Aus Ermittlerkreisen sickert durch, dass es in den Aussagen von Matthias R. über seinen Tagesablauf am 10. Oktober Widersprüche und Unschärfen gibt. Es soll unklare Zeiträume und Angaben geben, die sich nicht mit technischen Daten decken und in denen seine Bewegungen nicht eindeutig nachvollziehbar sind.
Während solche Unschärfen bei den meisten Menschen harmlos wären, sind sie in einem Mordfall Alarmzeichen. Ein Mensch, der Widersprüche produziert, erinnert sich entweder falsch – oder er versucht bewusst, etwas zu verbergen.
3. Das Wissen um den Fundort
Der Tümpel, an dem Fabians verbrannte Leiche gefunden wurde, ist ein abgelegener Bereich, den man kennen muss. Es ist kein Ort, den man zufällig auswählt, sondern den man gezielt ansteuern muss. Matthias R. kennt die Gegend um Reimershagen und die umliegenden Wälder seit Jahren sehr gut.
Das bedeutet nicht, dass er dort war, aber es verpflichtet die Ermittler, genau diesen Umstand zu prüfen. Die Frage lautet, wer wusste an genau diesem Tag über die Bewegungen Fabians Bescheid und wer kannte diesen abgelegenen Ort?
Die dunklen Szenarien: Von der Mitwisserschaft zur gemeinsamen Tat
Das Verhalten des Vaters nach Fabians Verschwinden – seine auffällige Passivität, das Fehlen öffentlicher Appelle – und die nun bekannt gewordenen Widersprüche zwingen die Ermittler, ein dunkles, drittes Szenario ernsthaft in Betracht zu ziehen, das über die Einzeltäterschaft von Gina H. hinausgeht:
Szenario der Informationsweitergabe: Matthias R. wusste, dass Fabian allein war, und gab diese Information an Gina H. weiter. Er förderte damit unwissentlich die Abholung, möglicherweise in der Annahme einer normalen Besuchsregelung. Sein Schweigen dient der Verschleierung dieser Weitergabe.
Szenario der Vertuschung/Beihilfe: Die Tat eskalierte in Ginas Gegenwart (oder bei einem Treffen). Matthias R. wurde hinzugezogen und half bei der Vertuschung, etwa beim Transport der Leiche zum abgelegenen Tümpel und dem Versuch der Verbrennung.
Die physische Kraft, die für den Transport und die Verschleierung notwendig war, passt besser zu einer gemeinsamen Tat. Sein Schweigen schützt ihn und die Ex-Partnerin, mit der ihn trotz Trennung eine tiefe, wenn auch toxische, Vergangenheit verbindet.
Die gemeinsame Tat: Das dunkelste Szenario ist die Vorstellung, dass beide aus einer Dynamik emotionaler Überhitzung oder Rache gemeinsam gehandelt haben könnten. Dieses Szenario erklärt die Intensität der Tat, das Wissen um den Fundort und das strategische Schweigen beider Seiten.
Wichtig ist, dass keines dieser Szenarien ein Beweis ist. Aber jedes Einzelne erklärt, warum die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind und warum die Rolle des Vaters neu bewertet wird. Die Staatsanwaltschaft, die bereits einen Haftbefehl gegen Gina H.
erlassen hat, steht nun unter enormem Druck, die Beweiskette aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die möglichen Verstrickungen des Vaters minutiös zu prüfen.
Die Ermittler warten möglicherweise noch auf die letzten Ergebnisse der DNA-Analyse des Lederhandschuhs, der in der Nähe des Fundortes gefunden wurde. Sollten dort Spuren des Vaters auftauchen, würde der Fall eine unumkehrbare Wendung nehmen.
Die Wahrheit im Fall Fabian scheint vielschichtiger und komplexer zu sein, als es anfangs schien – eine Wahrheit, die im tiefen Schweigen eines Mannes verborgen liegt, dessen Rolle plötzlich nicht mehr klar ist.