Kaum war die Kaderliste für den November-Lehrgang von Julian Nagelsmann veröffentlicht, prangte Manuel Neuer, der ewige Wächter des deutschen Tors, prominent darauf. Mit 39 Jahren, nach einer Saison bei Bayern München, in der er trotz eines schweren Beinbruchs im Frühjahr 2024 zu alter Stärke zurückgekehrt war, galt er als unumstrittene Nummer eins. Doch nur Stunden später schlug die Bombe ein: Ein knapper Statement auf Instagram kündigte seinen Rückzug an. Keine Verletzung, kein Skandal. Stattdessen diese Worte, nüchtern und doch erschütternd: „Ich möchte jetzt nicht mehr an den sinnlosen Trainingslagern der Nationalmannschaft teilnehmen. Es gibt persönliche Angelegenheiten, die wichtiger sind als das Trikot der deutschen Nationalmannschaft, und ich bereue es nicht, dass ich abgelehnt habe.“

Nagelsmann, der den 38-Jährigen (damals noch) persönlich angerufen hatte, um ihn zu überzeugen, war fassungslos. In einem Telefonat, das nur Minuten dauerte, wich Neuer nicht aus. Er sprach offen von einer tiefen Erschöpfung, die sich über Jahre aufgebaut hatte. „Die EM 2024 zu Hause war mein letzter Höhepunkt“, gestand er dem Bundestrainer. „Aber der Druck, die ständigen Reisen, die Erwartungen – das frisst mich auf. Ich habe Familie, Freunde, und ich brauche Zeit für mich. Die WM 2026 reizt mich noch, aber nicht um jeden Preis.“ Hinter den Kulissen erzählte ein DFB-Mitarbeiter: „Nagelsmann saß da wie gelähmt. Er hatte auf Neuer als Kapitän gehofft, als stabilisierenden Faktor für die junge Truppe. Der Satz hat ihn frösteln lassen.“

Im Kader der Nationalmannschaft, das gerade für die WM-Qualifikationsspiele gegen Luxemburg (14. November) und Nordirland (17. November) zusammenkam, brach ein Sturm los. Die Jüngeren wie Florian Wirtz oder Jamal Musiala starrten ungläubig auf ihre Handys. „Manuel war unser Fels“, flüsterte ein Mitspieler. „Er hat uns durch die EM getragen, trotz des frühen Aus gegen Spanien.“ Ältere wie Joshua Kimmich, der nun die Kapitänsbinde übernehmen könnte, versuchten, die Stimmung zu glätten. Doch die Zweifel nagten: War das der Anfang vom Ende der goldenen Generation? Nach den Rücktritten von Toni Kroos, Thomas Müller und Ilkay Gündogan im Sommer 2024 fühlte sich der Abschied Neuers wie der finale Schlag an. „Wir verlieren nicht nur einen Torwart, sondern eine Legende“, sagte Kimmich später in der Umkleide. Die Trainings in Herzogenaurach wurden von gemurmelter Frustration überschattet – manche sprachen von „Verrat“, andere von notwendigem Mut.

Die deutsche Fußballöffentlichkeit explodierte. Auf Social Media hagelte es Reaktionen: „Danke für alles, Manu! Aber das tut weh!“, postete ein Fan mit über 10.000 Likes. Andere waren gnadenlos: „Persönliche Angelegenheiten? Das ist keine Entschuldigung für Feigheit vor der WM!“ Zeitungen wie die „Bild“ titelten „Neuer sagt Tschüss – DFB in der Krise!“, während die „Süddeutsche Zeitung“ seinen Schritt als „aktiven Akt der Selbstrettung“ lobte. Experten wie Lothar Matthäus, selbst DFB-Kapitän, warfen ein: „Ich verstehe ihn. 124 Länderspiele, ein WM-Titel 2014, der Goldene Handschuh – er hat nichts mehr zu beweisen.“ Und Oliver Kahn, Neuers Vorgänger bei Bayern, mahnte: „Die Nationalmannschaft ist Pflicht, aber niemand ist unersetzlich.“
Nagelsmann stand vor einer Mammutaufgabe. „Ich respektiere Manuels Entscheidung, auch wenn sie schmerzt“, erklärte er in einer Pressekonferenz am 10. November. „Er hat die deutsche Elf geprägt, von der Revolution des Torwartsspiels bis hin zur WM-Trophäe im Maracanã. Aber wir müssen vorwärts schauen.“ Der Trainer berief hastig Ersatz: Alexander Nübel von Stuttgart und Finn Dahmen von Augsburg rückten auf, während Marc-André ter Stegen, der in Barcelona mit Formschwäche kämpft, trotz Gerüchten kein Comeback erfuhr. Spekulationen um ein Neuer-Comeback – angeheizt durch seine Top-Form in der Bundesliga – wurden im Keim erstickt. Neuer selbst postete ein Foto mit der deutschen Flagge: „Es war eine Ehre. Danke an alle.“
Dieser Rückzug wirft tiefe Fragen auf: Wie lange kann ein Star wie Neuer, der mit 124 Einsätzen Rekordtorhüter ist, dem Druck standhalten? Die Nationalmannschaft, die unter Nagelsmann nach der EM-Niederlage neu aufbauen muss, steht vor einer Übergangsphase. Die Quali-Spiele gegen Luxemburg und Nordirland, entscheidend für die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko, werden ohne Neuer ausgetragen – und doch mit seinem Schatten. Fans hoffen auf Wunder, Kritiker auf Erneuerung. Eines ist klar: Der Abschied des „ewigen Numero uno“ markiert nicht nur das Ende einer Ära, sondern einen Wendepunkt für den deutschen Fußball. Ob Neuer je bereut? Seine Worte deuten auf nein hin. Aber die Nation trauert bereits.